top of page
drew-beamer-Hk6E4UxjmGo-unsplash.jpg

PÄDAGOGIK

Eingewöhnung

Die Eingewöhnung ist der Start eines neuen Lebensabschnitts für das Kind. Diese Erfahrung wird seine zukünftige Haltung gegenüber der Begegnung mit neuen Menschen, neuen Räumen, neuen Situationen prägen. Mir ist es wichtig, diesen Schritt so zu begleiten, daß es – ggf. auch mit Trennungsschmerz und Unsicherheit – eine gute Erfahrung wird. Die Unsicherheit der Eingewöhnung entsteht ja vor allem durch die Herausforderung, mit den begleitenden starken Gefühlen umzugehen. Das ist die Hauptebene der Eingewöhnung, und deshalb lege ich darauf besonderen Wert. Es geht nicht darum, die starken Gefühle zu vermeiden oder wegzudrücken, sondern zu ermöglichen, darin präsent zu sein und bewusst damit umzugehen.

Für die Eltern ist es wichtig zu wissen, daß das Verarbeiten der neuen Eindrücke und Erfahrungen oft verzögert stattfindet und die Kinder in dieser Zeit unruhiger sind als sonst, schlechter schlafen, weniger oder anders essen, anhänglicher oder auch abweisend sind, manchmal scheinbar in der Entwicklung zurückfallen, ggf. auch krank werden. All das sind keine Zeichen dafür, daß etwas schief läuft, sondern zeigt, daß das Nervensystem des Kindes arbeitet. Es bedarf keiner besonderen Maßnahmen – im Gegenteil, es ist unterstützend, wenn sich außen wenig ändert. Das Wichtigste, was Eltern in dieser Situation tun können, ist, die eigenen Gefühle aufmerksam wahrzunehmen und dabei so entspannt zu bleiben wie möglich.

Ich überprüfe vor Beginn jeder Eingewöhnung meine eigenen Gefühle dazu. Schaue mir genau meine aktuelle Lebenssituation an, bin aufmerksam für Triggersituationen und räume sozusagen innerlich auf, um den Boden zu bereiten für den nächsten Schritt von Eltern und Kind. Ich rede nichts schön, versuche nichts zu ändern – was auch immer da ist, wird gesehen und darf genau so sein. Darin entspanne ich mich. Mit dem bewussten Wahrnehmen von und Umgehen mit den in mir aktiven Gefühlen schaffe ich Grundlage und Orientierung für die anderen Kinder, die Eltern und das Eingewöhnungskind.

 

Für das Eingewöhnungskind ist die Haltung der Bezugsperson während der Eingewöhnung und besonders in der Trennungssituation wichtig. Wenn die Bezugsperson sich unwohl fühlt mit Trennung, wirkt die Trennungssituation auch für das Eingewöhnungskind (und ggf. auch für die anderen Kinder) bedrohlich. Deshalb achte ich vor allem auch in der ungewohnten Situation immer darauf, daß Entspannung für alle möglich ist – durch vorbereitende Gespräche, aber auch dadurch, daß ich die praktischen Abläufe für die Zeit der Eingewöhnung gut vorbereite und so unaufwändig wie möglich plane und gestalte.

 

Essen

 

Essen zu bekommen vermittelt den meisten Kindern Sicherheit – hier werde ich versorgt. Sie bleiben oft lange am Tisch sitzen, essen viel und immer wieder und betrachten – mit sich verbunden und aus sicherem Abstand – das Gruppengeschehen. Andere verweigern zunächst jegliches Essen und vermeiden die Situation, mit den anderen am Tisch zu sitzen und zu essen. Ich respektiere jede Entscheidung und unterstütze die Kinder darin, ihren eigenen Weg zu finden, stelle regelmäßige Mahlzeiten zur Verfügung und achte auf Einhaltung der Regeln, aber habe keinerlei Ansprüche daran, ob, was und wieviel ein Kind isst.

 

Beim Essen wird ganz praktisch die Umwelt in sich aufgenommen. Die Einstellung zum Essen ist ein erster, wichtiger Schritt zum Umgang mit dem Leben. Wie gehe ich mit etwas um, was mir nicht gefällt? Stopfe ich blindlings alles in mich hinein oder verweigere ich den Kontakt? Welche Entscheidungsmöglichkeiten habe ich? Was will ich eigentlich gerade? Was tut mir gut?… Beim Essen wird die Grundlage für wichtige Verhaltensmuster gelegt.

Die Regeln beim Essen sorgen zum Einen ganz praktisch dafür, dass das Essen nicht im Zimmer verteilt wird und auch der Tisch halbwegs sauber bleibt. Zum anderen unterstützen sie das bewusste Essen jedes Kindes.

 

Selbstverständlich achte ich auf ein ausgewogenes, gesundes Nahrungsangebot in Bio-Qualität und berücksichtige individuelle Voraussetzungen.

 

Schlafen

 

Im Schlaf werden Eindrücke verarbeitet, entstehen aus Erfahrungen Fähigkeiten. Schlaf erfordert, die Kontrolle loszulassen. Kinder müssen erst lernen, das bewusst zu tun. Auch hier wird wieder eine grundlegende Lebenseinstellung ausgebildet – die Fähigkeit, zu vertrauen und abzugeben. Das kann nicht erzwungen werden. Es ist also meine Aufgabe, unterstützende Bedingungen herzustellen, sehr klar die Führung übernehmen, der sich die Kinder anvertrauen können – und gleichzeitig darauf achten, dass ich entspannt bin und nicht in eine Haltung komme, in der ich das Einschlafen der Kinder kontrollieren will. Auch hier wieder – neben den äußeren Bedingungen, die ich unten beschreibe, achte ich vor allem auf meine innere Haltung. Und sorge dafür, dass das Schlafen eine schöne und verbindende Erfahrung für alle ist.

 

Körperpflege

 

Waschen, Windeln wechseln, Anziehen, Ausziehen – die meisten Kinder mögen das nicht. Und doch ist es natürlich notwendig. Ich muss also gegen den Willen des Kindes etwas mit seinem Körper tun, um es angemessen zu versorgen. Daran gibt es keinen Weg vorbei. Wichtig ist mir hier wieder eine klare innere Haltung. Ich erkenne an, dass ich über den Willen und die Körpergrenze des Kindes hinweggehe, dass es sich möglicherweise wehrt und mit Körper und Stimme seinen Unmut äußert. Es ist für mich leichter, wenn das Kind sich nicht wehrt und vielleicht sogar mithilft, aber ich respektiere seine Reaktion auf die empfundene Grenzüberschreitung und lehne das Kind und seine Reaktion nicht ab – weder innerlich noch mit Worten oder extra groben Handgriffen…

UND ich bin klar in meinem Wissen und der Haltung, dass mein Handeln notwendig und zum Wohl des Kindes ist. Es ist unangenehm, aber da ich weiß, dass nichts Schlimmes geschieht, kann ich auch bei massivem Protest des Kindes ruhig bleiben und sanft und klar die notwendigen Handgriffe ausführen – immer im Kontakt mit dem Kind. Ich kündige mit Worten mein Handeln an und verbalisiere mit Tonfall und Worten die Reaktion des Kindes und mache so deutlich, dass ich es wahrnehme und akzeptiere.

 

Lernen – Unterschiede und Gemeinsamkeiten wahrnehmen, ausdrücken, gestalten

 

Kinder nehmen anderes und anders wahr als Erwachsene. Körper, Gefühl und Verstand sind noch keine getrennten Kategorien, ebensowenig wie „Ich“ und „der Rest der Welt“ oder gar „Ich“ und „Du“ und „sie“ und „er“. Und erst recht kein „Wir“, was ja sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede umfasst. Alles ist Ich und Ich bin alles.

 

Im Alltag mit den Kindern geht es mir darum, die Kinder dabei zu unterstützen, sich selbst als Individuum wahrzunehmen, auszudrücken und zu handeln UND aus dem Zustand natürlicher Verbundenheit heraus die Welt und den Kontakt miteinander zu gestalten. Beides sehe ich als wertvolle Qualitäten an, die sich gegenseitig bedingen und fördern.

 

Spielen

Sich selbst und die Welt entdecken, entwickeln, gestalten

 

Beim Spielen geschehen mehrere Dinge gleichzeitig: Das Kind erkundet seine Umgebung, entdeckt verschiedene Eigenschaften (z.B. Größe.Gewicht, Form, Farbe, Beschaffenheit…), entwickelt Kategorien, ordnet die verschiedenen Gegenstände, Personen, Situationen diesen Kategorien zu und nutzt sie zur Orientierung. Dabei entwickeln sich die sensorischen, kognitiven und motorischen Fähigkeiten des Kindes. Es ist immer besser in der Lage, mit den verschiedenen Anforderungen der Welt umzugehen und auf das zu reagieren, was es vorfindet. Gleichzeitig fängt es immer aktiver an, die Welt, wie es sie vorfindet, aktiv zu gestalten. Beim Spielen formen sich also sowohl das Kind als auch die Welt.

 

Beide Aspekte sind mir wichtig. Ich beobachte die Kinder aufmerksam und achte darauf, woran sie gerade arbeiten – was sie besonders interessiert, welche Fähigkeiten sie üben und versuche, das mit entsprechenden Materialien zu unterstützen. Gleichzeitig greife ich so wenig wie möglich ein, um die Gestaltung nicht mit meinen eigenen Vorstellungen/ Erfahrungen/unbewussten Absichten zu beeinflussen.

 

Kommunikation und Sprache

Verschiedene Wahrnehmungsebenen erkennen und entwickeln

 

Für Kinder ist Hauptzweck von Sprache, sich auszudrücken, es geht weniger darum, ein bestimmtes Ziel zu erreichen und noch weniger um das Finden gemeinsamer Lösungen. Gleichzeitig fördert das Sich-Ausdrücken und darin wahrgenommen und gespiegelt zu werden die Selbstwahrnehmung und die Möglichkeit zur Differenzierung von Eindrücken. Die Aufmerksamkeit für Körpersensationen und das eigene Befinden entwickelt sich. Insofern ist Sprache im Kleinkindalter vor allem ein Instrument zur Schulung der Selbstwahrnehmung und Positionierung zur Welt.

 

Ich achte aktiv auf alle Formen des Ausdrucks bei den Kindern und formuliere in Worten, was ich wahrnehme. Die Verwendung von „Babyzeichen“ (vereinfachte Gebärdensprache für Kleinkinder) gibt Kindern zusätzliche Ausdrucksmöglichkeit und unterstützt die Verbindung der linken und rechten Gehirnhälfte und damit die Fähigkeit, komplexe Vorgänge in den verschiedenen Aspekten zu erfassen und gleichzeitig Zusammenhänge herzustellen zwischen scheinbar voneinander unabhängigen Ereignissen.

 

 

Soziales Lernen

Bedürfnisse und Fähigkeiten wahrnehmen und darauf reagieren

 

Der Alltag mit anderen Kindern ist die Erfahrung von gelebtem Kontakt auf Augenhöhe. Erwachsenen sind durch die praktischen Möglichkeiten und Fähigkeiten ganz anders als Kinder in der Lage (und in der Verantwortung), den Kontakt zu gestalten. Diese Hierarchie gibt es im Kontakt mit anderen Kindern nicht, dadurch sind Aktionen und Reaktionen pur, ungefiltert durch die bewusste Reflexion von Erfahrungen, Erwartungen. Hier wird ganz konkret das angewendet, was im Kontakt mit den Eltern oder auch anderen Erwachsenen „nur“ geübt wird. Im Beobachten und Imitieren von anderen Kindern werden eigene Bedürfnisse und Fähigkeiten deutlicher. (Das macht mir Spaß, das nicht so sehr. Das fällt mir leicht, das finde ich schwer… Der Anreiz etwas Neues auszuprobieren, ist viel größer, wenn man es bei anderen Kindern sieht. Fähigkeiten werden entwickelt. Der nächste Schritt ist dann wieder, unabhängig von den anderen die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und das eigene Verhalten daran anzupassen. Je mehr sich in diesem Prozess das „Ich“ formt, desto mehr kann auch das „Du“ wahrgenommen und differenziert werden – von allgemeinem „die anderen“ bis zu gewähltem Kontakt und spezifischem Verhalten mit verschiedenen Kindern.

Im Kontakt mit anderen die Verbindung mit sich selbst wahrnehmen und gestalten.

In Verbindung mit sich selbst Kontakte bewusst wählen und individuell gestalten.

bottom of page